Meinen Bericht über den Krankenhausaufenthalt und die Operation möchte ich beenden, in dem ich meine Dankbarkeit hier festhalte.
Denn bei all den Schmerzen und Ängsten, bei aller Verzweiflung, die mich immer wieder überschwemmt hat, bin ich doch dankbar.
Ich danke Gott, dass die Operation ohne Komplikationen verlaufen ist. Keine Entzündung im OP-Feld, keine Lähmung, kein Sehkraftverlust und was noch so alles hätte passieren können.
Ich danke den Ärzten im Loretto-Krankenhaus für ihr Engagement, mir zu helfen, für ihre Offenheit im Gespräch, für ihre Geduld. Bei jeder Visite erkundeten sie genauestens den Stand der Dinge und wie ich mich dabei fühle. Keine meiner Fragen blieb unbeantwortet und zwar ohne fachchinesisch und wurde mit Ausführlichkeit erläutert.
Mit grosser Hochachtung danke ich dem Pflegepersonal. Die Schwestern und Pfleger sausen den ganzen Tag durch die Gänge und Zimmer, aber nie vermittelten sie mir den Eindruck, sie hätten keine Zeit, oder verrichteten ihre Arbeit nur oberflächlich.
Wie oft musste ich klingeln! Mal, weil ich es vor Schmerzen nicht aushielt, mal, weil das Blutdruckmessgerät Alarm schlug, mal war die Infusionsnadel verrutscht etc...
Nie habe ich ein unfreundliches Wort von ihnen gehört oder Ungeduld gespürt. Oft kamen sie sogar zwischendurch mal nachschauen, ob alles i.O. ist, ob sie mir etwas Gutes tun könnten oder einfach nur, um ein bisschen zu erzählen. Diese Zuwendung, die Freundlichkeit haben mir sehr geholfen, haben mir die totale Abhängigkeit sehr erleichtert.
Mit grossem Dank denke ich auch an meine Verwandten und Kollegen.
Sie haben mich in diesen drei Wochen des Klinik-Aufenthaltes nicht allein gelassen. Die Kollegen meiner "Bürogasse" haben mir einen so schönen Blumenstrauss mit netten Grüssen ins Krankenhaus geschickt. Sie haben ganz oft angerufen, zwei meiner Kollegen haben mich sogar dort besucht. Mein Chef hat sich mehrfach telefonisch erkundigt, wie es mir geht und mir versichert, dass ich mir um meinen Arbeitzplatz keine Sorgen machen müsse, ich solle mir alle Zeit nehmen, die ich zum gesund werden brauche.
Meine Schwester rief jeden Tag an, für einen Besuch wohnt sie einfach zu weit weg.
Auch meine Kinder waren zu Besuch oder riefen an. Sogar meine Nichte hat mich mehrfach in der Klinik besucht.
All diese Aufmersamkeit hat mir sehr gut getan. Ich spürte, ich bin nicht allein, nicht abgeschrieben. Ich werde gebraucht und erwartet. Dieses Gefühl ist einfach so schön...
Mein ganz ganz besonderer und überaus herzlicher Dank gilt meinem Mann.
Wie er mich durch diese Zeit begleitet, getröstet und unterstützt und was er dabei selber getragen hat, ist kaum in Worte zu fassen. Jeden zweiten Abend war er nach Feierabend noch bei mir in Freiburg, hat alle organisatorischen Belange für mich geregelt, "Telefondienst" zu den Kindern und Verwandten gehalten und den ganzen Haushalt geschmissen. Von den Sorgen, die er um mich hatte, nicht zu reden. Sich so auf jemanden verlassen zu können, sich so geliebt zu fühlen, dieses Gefühl ist unbeschreiblich.
Und ich bin sooo dankbar dafür, dass ich das erleben durfte.
Samstag, 17. November 2012
abseits von Diagnosen und medizinischen Daten
Freitag, 16. November 2012
ein langer Weg
Morgen darf ich das Krankenhaus verlassen.
Ich bin so froh darüber. Gleichzeitig habe ich etwas Bammel - wie werde ich zu Hause zurecht kommen.
Wann werden die altbekannten Schmerzen im linken Bein endlich nachlassen?
Schwere Tage, wirklich dunkle Stunden, waren es hier in der Klinik.
Immer wieder gab es Schwierigkeiten:
Entzündungswerte zu hoch, Blutdruck nicht i.O., Puls viel zu hoch, Schlaflosigkeit...
Als ich am Samstag nach der OP mich endlich mit Hilfe einer Physiotherapeutin aufsetzen durfte und für eine Minute sogar stehen, war ich zwar glücklich, weil nun klar war, dass meine Beine mich wieder tragen würden, ausserdem konnte ich zum ersten Mal aus dem Fenster sehen, aber selbst dieser kurze Moment war so anstrengend, das hätte ich nicht gedacht. Und danach hiess es wieder, streng auf dem Rücken liegen. Ausserdem wurde mir an diesem Tag ein Korsett angelegt, das aus sehr festem Stoff besteht und hinten durch mehrere Metallschienen senkrecht verstärkt wird. Dieses Korsett muss ich nun bis Anfang Februar Tag und Nacht tragen. Die Metallschienen machen mir beim Liegen sehr zu schaffen, denn in den letzten Tagen habe ich stark abgenommen. Somit ist zwischen Metallschiene und meinen Knochen nur der feste Stoff und meine Haut - und das drückt wie ab...
Die nächsten Tage waren dann etwas leichter, ich hatte gelernt, mich selber aufzurichten, durfte auch aufstehen, musste zwar neu laufen lernen, aber es war mir ein Vergnügen, wieder auf meinen eigenen Beinen unterwegs zu sein. Misstrauisch wende ich meine Sinne nach innen, denn beim Laufen fühle ich mich ganz schief. Als wären meine Knochen neu sortiert und anders angeordnet worden...
Am meisten irritieren mich aber die Schmerzen im linken Bein, sie sind wieder da. An dem Tag nach der OP, als sie zum ersten mal wieder auftraten, geriet ich regelrecht in Panik: Sollte die ganze Tortur am Ende umsonst gewesen sein? Der Arzt sagt jedoch, das sei normal. Denn der Nerv war über die lange Zeit der Verengung einfach zu sehr gereizt. Nun, wo er Platz hat, quillt er noch weiter an und schmerzt eben weiter. Ich möge Geduld haben, in zwei bis drei Wochen klingen die Schmerzen ab.
Mittwoch, 7. November 2012
Der Kampf hat gerade erst begonnen
Ein klein wenig hatte ich gehofft, dass nach der OP die Plage mit den Schmerzen vorbei und überhaupt alles überstanden ist...
Das war natürlich naiv.
Wie schon früher habe ich die Narkose nicht vertragen, habe starke Kreislaufprobleme und muss dauernd erbrechen.
Und die Schmerzen, nun da die Narkose vollständig verflogen ist, sind sie schier unerträglich. Es fühlt sich an, als würde ich in Bauchnabelhöhe quer durchgesägt.
Die Ärzte geben sich grosse Mühe, einen Cocktail aus verschiedenen Schmerzmitteln zu finden, um mir Erleichterung zu verschaffen, aber leider - einige Schmerzmittel wirken nicht, bei anderen, starken Schmerzmitteln reagiere ich mit unstillbarem Erbrechen und grosser Überlkeit.
Damit nicht genug, muss ich nun nach der OP ganz konsequent vier Tage (und Nächte) auf dem Rücken liegen. Drehen oder gar Aufrichten sind streng verboten (eigentlich kann ich mich auch gar nicht rühren, bin zu schwach). Das ständige Liegen verursacht natürlich zusätzliche Beschwerden.
An Schlaf ist nicht zu denken, an Essen auch nicht. Durch die ständigen Schmerzen habe ich weder Lust zum Lesen noch zum Fernsehen oder Radio hören.
Ich weiss nicht genau wie viele Schläuche aus mir heraus- und wie viele Nadeln mit Infusionen hineinführen.
Ich jammere im Gebet Jesus die Ohren voll (in meinem Blickfeld an der Wand hängt ein Kreuz mit Jesus daran), ich finde mein Leiden mehr als ich tragen kann.
Dienstag, 6. November 2012
Der Tag X
Heute fand die Wirbelsäulenoperation statt.
Sie dauerte vier Stunden. Die Stenose wurde beseitigt - der Nerv ist somit frei. Die Skoliose wurde begradigt und die betroffenen Wirbel fixiert. Das heisst 5 Lendenwirbel und zwei Brustwirbel wurden mittels Titanschrauben und Titanstäben miteinander versteift.
Der Chefarzt sagt, es ging alles ganz glatt...
Montag, 5. November 2012
Da beisst die Maus keinen Faden ab
Am Montag, dem 5.November bestätigte mir der
Chefarzt was ich schon das Wochenende über geahnt hatte: die Schmerztherapie
zeigte keinen Erfolg!
Aus seiner Sicht kam nun nur noch eine Operation in
Frage, bei der nicht nur der Nerv freigelegt, d.h. die knöcherne Verengung
beseitigt wird, sondern bei der auch die Skoliose behoben und anschliessend
die Wirbelsäule stabilisiert wird. Dazu werden die Wirbel mittels Titanschrauben
und -stäben aneinander fixiert. Da ich eine weitreichende Skoliose habe, müssten
mindestens 6 Wirbel miteinander versteift werden. Das sei eine sehr grosse und
schwerwiegende Operation. Ich fragte ihn nach möglichen Risiken und
Komplikationen, und als er die alle aufzählte, wurden mir die Knie weich. Der
Arzt war sehr verständnisvoll, meinte, ich müsse das nicht gleich entscheiden
sondern könnte auch nach Hause, um mir alles gut zu überlegen. Auch eine andere
Arztmeinung könnte ich mir ja noch einholen.
Ich erbat mir den Tag als Bedenkzeit.
Mit diesen Schmerzen nach Hause? Ich konnte mit
meinem linken Bein nicht mal mehr auftreten ohne, dass mir ein Schmerzlaut
entfuhr.
Und eine weitere Arztmeinung? Ich kenne keinen
Spezialisten, denn ich zusätzlich hätte fragen können. Was sollte nur
werden???
Nach einem ausführlichen Telefonat mit unserem
Hausarzt war die Entscheidung dann gefallen - ich würde die OP
wagen.
Als ich abends dem Chefarzt das mitteilte, lächelte
er und sagte: "Gut, ich habe den Termin für Sie schon reserviert. Morgen früh um
Sieben geht es los."
Sonntag, 4. November 2012
Versuch eins bis drei, der Schmerzen Herr zu werden
Am 24. Oktober war ich wieder beim Hausarzt. Die Schmerzen im linken Bein waren inzwischen bis zur Unerträglichkeit angestiegen. Die verordneten Medikamente Tillidin und IBU 800 halfen kein bisschen. Der Arzt riet mir in ein Krankenhaus zu gehen.
Die Wahl fiel auf das Loretto-Krankenhaus in Freiburg, doch erst am 25. Oktober kam morgens der erlösende Anruf von meinem Hausarzt, dass dort ein Bett für mich frei wäre.
Dann ging es also los - mein Mann fuhr mich hin.
Als erstes standen natürlich alle möglichen Untersuchungen an (Röntgen, MRT,Blutbild, EKG), die eine knöcherne Verengung des Wirbelaustrittskanale bei L4/L5 ergaben, der Nerv wurde somit eingeengt - daher die Schmerzen.
Versuch eins, den Nerv zu beruhigen war ein Periduralkatheter, der am 26.10.12 abends gelegt wurde. Anfangs war ich wunderbar schmerzfrei, doch am Sonntag wurde klar, der Katheter war verrutscht und musste raus, denn er betäubte nun das falsche Bein.
Versuch zwei war nochmals ein Periduralkatheter, der nicht unter Narkose gelegt wurde, damit er diesmal besser platziert werden sollte. Das linke Bein war nach der Prozedur wie beabsichtigt betäubt, jedoch hatte ich nur zwei Stunden später furchtbare Kopfschmerzen. Und es stellte sich heraus, dass der Katheter die Nervenhaut eingerissen haben musste, so dass es zu Liquorverlust (Nervenwasserverlust) kam, sobald ich mich aufrichtete.
Der Katheter musste sofort wieder gezogen werden.
Als dritter Versuch kam nun nur noch eine Schmerztherapie mittels Infusionen in Frage.
Was wurde nicht alles an Schmerzmitteln ausprobiert! Die einen linderten die Schmerzen nicht, die anderen vertrug ich nicht und musste mich ständig übergeben.
Letztendlich war ich bei täglich vier Infusionen Novalgin und drei Infusionen Dipidolor, ausserdem einmal täglich Voltaren. Damit ich überhaupt essen konnte, bekam ich dreimal täglich eine Vomex-Infusion. Ich stand nicht sondern ich hing sozusagen fast ständig am Schlauch.
Das Ganze zog sich bis zum Sonntag, den 4. November hin.
Leider ohne Erfolg, wobei der Chefarzt schon zu Beginn der Behandlung hatte anklingen lassen, dass bei einer knöchernen Kompression von Nerven eine Schmerztherapie weniger Chancen auf Gelingen und auf Nachhaltigkeit hat als z.B. bei einem Bandscheibenvorfall.