Donnerstag, 19. April 2007

artikel aus www.glaube24.de

"Nach dem Amoklauf: Was trotzdem trägt
Unverständnis, Trauer, Angst und Wut. Diese Gefühle beschleichen mich, wenn ich die Bilder und Nachrichtenberichte von dem Amoklauf in Virginia sehe. Noch ist wenig bekannt über den Täter. Doch ich bin sicher: Nachdem die erste Trauer und Verzweiflung bei den unmittelbar Betroffenen nachlassen, wird es um die Suche nach Gründen gehen. Irgendjemand muss ja schuld sein. Zu viele Waffen in Amerika, werden die einen sagen, zu wenige, die anderen. Hätte jeder Student eine Waffe gehabt, dann hätten sie sich verteidigen können, so die Argumentation der Waffenbefürworter. Die Behörden geraten schon jetzt ins Kreuzfeuer der Kritik: Wieso wurde die Uni nicht schon nach den ersten Schüssen evakuiert? Was hätte man anders machen können, um das Unglück zu verhindern?
Nach Erklärungen suchen auch Kirchenvertreter wie zum Beispiel Papst Benedikt. Er nennt das Massaker eine „eine sinnlose Tragödie“, was in mir die Frage aufwirft: Gibt es überhaupt so etwas wie sinnvolle Tragödien. Nein, in diesem Massaker sehe ich keinen Sinn. Was mich jedoch berührt hat, war der Bericht über einen 75 -Jährigen israelischen Professor, der sich dem Amokläufer in den Weg gestellt hat und dadurch das Leben seiner Studenten retten konnte. Mir macht das schmerzlich bewusst, wie nahe die Abgründe und die Heldentaten des Menschseins beieinander liegen. Der eine hat nicht nur mit seinem eigenen Leben sondern auch mit dem Leben anderer abgeschlossen und läuft Amok – der andere setzt sein Leben dafür ein, dass andere weiterleben können.
Mich macht das nachdenklich. Ich denke an das Sterben Jesu am Kreuz. Dort am Kreuz treffen sich Hass und Liebe, Verrat und Vergebung, Mord und die Bereitschaft, das eigene Leben aufzugeben, damit andere Leben können. Die einen beschließen, Jesus aus dem Weg zu räumen, weil seine Revolution der Liebe Gottes ihr religiöses Weltbild bedroht und sie um ihren gesellschaftlichen Status fürchten – Jesus hingegen entscheidet sich, sein Leben hinzugeben, damit andere eine Chance auf echtes Leben haben. Jesus selbst hat es angekündigt: „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde“ (Joh 15). Wenn es überhaupt eine sinnvolle Tragödie gibt, dann war es das Sterben Jesu am Kreuz."
Autor: Michael Gerster

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