Sonntag, 16. November 2008

doppelt beschenkt

Seit vielen Monaten kämpft mein Vater gegen eine Lungenfibrose und es scheint, dass sich die Machtverhältnisse zu gunsten der Fibrose verschieben. Wir telefonieren jeden Sonntag miteinander und immer öfter habe ich den Eindruck, dass die Krankheit ihn in ganz kleinen Schritten aber unaufhaltsam "demontiert". Es ist schon bedrückend, dass sonntäglich immer wieder neu zu erfahren. Wieviel schrecklicher muss es sein, das durchleben, aushalten zu müssen. Und das von einem Mann, der zeitlebens zupackend, bestimmend, eben ein Mann der Tat war, jeder Zoll aus Kruppstahl. Schwächen? - Er doch nicht! Und nun das!
Abhängig von Sauerstoff, Medikamenten, anderen Menschen ist er knurrig, ungerecht, zänkisch - verzweifelt geworden. Und doch hofft und hofft er - auf Besserung, auf Heilung gar und ist so enttäuscht, wenn der Arzt ihm dies wieder nicht versprochen, sondern nur ausweichend geantwortet hat. Er tut mir von Herzen Leid.
Mehr noch als das Leid tun aber fragte ich mich in letzter Zeit, wie sieht es in seiner Seele aus? Ist er so verbittert, dass er seinen Glauben an Gott verloren hat?
Immer mehr schloss ich ihn in meine abendlichen Gebete mit ein: dass er den Glauben nicht verlieren und inneren Frieden finden möge.
Ich hätte ihn gern zu diesem Thema gefragt, aber am Telefon, so unvermittelt? Habe ich mich nicht getraut.
Und heute plötzlich, als er beschreibt wie es ihm geht, dass immer noch keine Besserung zu verzeichnen ist, sagt er plötzlich: für solche Zeiten haben wir ja unseren Glauben!
Da war es mein Stichwort.
Nun konnte ich ihn fragen: betest du? Und er antwortete: Ja natürlich, seit fünfzig Jahren beten Mutti und ich jeden Abend gemeinsam. Da konnte ich ihm ganz direkt sagen: ich bete auch für dich, jeden Tag. Und er darauf: ach Kind, das ist schön....
Was sind nun die Geschenke? Die Geschenke sind mein.
Das erste: Mein Vater wird nicht ohne Glauben aus dieser Welt gehen (was vielleicht hoffentlich auch noch ein bisschen dauert). Egal wie grantig er sich auch gegen seine Familie gebärdet, denke ich heute: "Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, der HERR aber sieht das Herz an."
Das zweite: So lange ich zurückdenken kann, war dies das erste Gespräch, das ich mit meinem Vater über den Glauben geführt habe.
Und ich spürte, wir waren uns so nahe wie schon viele Jahre nicht mehr.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

cool, einfach cool.
typisch gott!!!
dp