Dienstag, 27. März 2012

D...D...D...

Demut, Dankbarkeit und Duldsamkeit, das sind immer wieder die Gedanken, die ich habe, wenn ich mit anderen Mitpatienten hier in der Klinik ins Gespräch komme. Einerseits rückt mein Fokus weg vom eigenen Ich, andererseits fühle ich mich angesichts so manches Einzelschicksals von Gott reich beschenkt, weil es mir so gut geht….

Da ist eine Frau, im gleichen Alter wie ich. Sie hat bereits den dritten Bandscheibenvorfall und dieser Dritte wurde operiert. Leider blieb danach ihr rechtes Bein taub. Ihre Rückenmuskulatur kann sie nicht so aufbauen, wie es erforderlich wäre, weil sie eine angeborene Muskelschwäche hat.
Auch Asthma hat sie noch und muss sich vor jeder Erkältung hüten, weil sie wegen der Muskelschwäche nicht abhusten kann.
Bei einem Spaziergang fragte ich sie, wie sie das alles so verkraften kann. Da lächelt sie und sagt, ich finde, ich habe trotz allem ein sehr schönes Leben…und sie erzählt mir von ihrer Tochter, von Freunden und von den Reisen, die sie mit ihrem Mann unternimmt...

Eine Andere, einige Jahre älter, ist ebenfalls seit Jahren krankheitsgeplagt. Hatte einen Tumor in der Lunge, der operiert wurde. Bei der Nachbehandlung hat sie dann ein Medikament bekommen, das ihre Leber dauerhaft geschädigt hat, so dass sie nun keinerlei Schmerzmittel nehmen darf. Hier in der Reha ist sie wegen ständiger Rückenschmerzen. Zusätzlich muss sie sich noch wegen Diabetes und Bluthochdruck behandeln lassen. Aber auch sie ist recht aufgestellt und lässt sich nicht unterkriegen. Sie ist sogar noch voll berufstätig, hat Familie, Kinder, Enkelkinder…

Dann ist noch die junge Frau, gerade mal Dreißig. Sie habe ich im Seminar für Schmerzbewältigung kennen gelernt. Ein doppelter Bandscheibenvorfall macht ihr schwer zu schaffen mit zunehmenden Schmerzen, gegen die sie seit geraumer Zeit Opiate nimmt. Seit November letzten Jahres ist sie krank geschrieben, ist schon 5 Wochen hier, aber es ist keine Besserung in Sicht. Am meisten leidet sie jedoch psychisch. Sie weiss nicht wie es weitergehen soll. Sie möchte doch gerne noch Kinder haben, möchte wieder arbeiten gehen. Sie kommt mit ihrem krank sein so gar nicht zurecht.

Heute Morgen erzählte mir eine ältere Dame, während wir auf unsere Anwendung warteten, dass sie schon zum dritten Mal hier wäre, immer mit einem neuen Knie, jedoch ist immer dasselbe Bein operiert worden. Die Knieprothese hat sich jedes Mal wieder gelockert, wächst einfach nicht fest.
Dennoch ist sie ganz aufgestellt und fröhlich. Danach habe ich sie gefragt, da sagte sie: ha ja, mir bleibt ja gar nichts anderes übrig…

Und so ließe sich die Aufzählung fortsetzen noch und noch. Bei vielen Menschen merkt man, ihnen hilft schon, wenn sich jemand Zeit nimmt, um zuzuhören.
Ich finde jedes Einzelschicksal spannend und würde am liebsten alle aufschreiben. Denn bei den Erzählungen spürt man, wie die Krankheit den einzelnen Menschen prägt und sein Leben verändert.

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